Vorreiter der Moderne: englische Einrichtungen

Ob der englische Einrichtungsstiel auch für Deutschland geeignet ist, ließ Kaiser Wilhelm der zweite im Jahre 1896 auskundschaften. In diesem Jahr sandte er seine Architekten in die Möbelmetropole London. Namenhafte Architekten wie William Morris oder John Ruskin hatten sich im Bereich der Hausgestaltung europaweit einen Namen gemacht. Doch ob diese neue Trendwelle auch die deutschen Bürger begeistern konnte?

 

Beispiel englischer Antikmöbel

 

„Das englische Haus. Entwicklung, Bedingungen, Anlage, Aufbau, Einrichtung und Innenraum.“ War das wohl bekannteste Werk des preußischen Architekten Hermann Muthesius. Im Auftrag des Kaisers begab er sich in die damalige Möbelmetropole London und wollte auch die deutsche Architektur durch Elemente aus der englischen Möbelkultur inspirieren. Seine dreibändige Abhandlung über die englische Architektur diente primär der deutschen Architekturlehre. Kritik und Lob über den englischen Stil zog aber auch interessierte deutsche Bauherren in den Kreis seiner Leserschaft. Die Hausarchitektur bezeichnete Muthesius teilweise als „bizarr“ und sah in ihm einen „unrationalen Charakter“. Trotz der teils harschen Kritik unterstrich der deutsche Architekt, dass man vom englischen Stil noch einiges lernen könne. Inspiriert von der Reformbewegung waren die Häuser in Großbritannien den deutschen in ihrer Moderne um einiges voraus. Muthesius beschrieb den dortigen Wohnstil mit den Worten: „Die englischen Wohnverhältnisse bieten gerade heute, wo bei so Vielen die Sehnsucht aufdämmert, der sich stetig mehrenden Unrast des Lebens den stillen Hort eines eigenen Heims entgegenzusetzen, ein vermehrtes Interesse.“

Das Verständnis der Briten über ein Heim, wecke nach Muthesius, in allen ein immenses Interesse. In diesem Sinne entstand im Jahre 1904 das erste „Reformhaus“ nach englischem Vorbild in Deutschland. Diese Kreation machte Hermann Muthesius zum deutschen Vorreiter der Architektur.